G e r e c h t i g k e i t

In Uganda verbreitete die grausame Rebellengruppe „Lord´s Resistance Army“ (LRA) Angst und Schrecken. Dominic Ongwen war Kommandeur dieser Gruppe und steht wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Den Haag vor Gericht. Ongwen hatte sich der LRA nicht freiwillig angeschlossen, weil er als Kind von den Rebellen entführt worden war. Seine Anwälte meinen, man könne ihn deshalb nicht für seine Taten verantwortlich machen. Wie würden Sie urteilen ?

Jack Unterweger erhielt für den Mord an einer Frau „lebenslänglich“; er galt als ein unheilbar aggressiver Sadist. Im Gefängnis „wandelte“ er sich, er wurde fügsam, holte den Schulabschluss nach und begann wie besessen zu schreiben: Gedichte, Dialoge und Erzählungen über sein elendes Leben als uneheliches Kind, ohne Vater, die Mutter gab ihn weg, der Großvater verprügelte ihn, er kam in ein Erziehungsheim, brach eine Lehre ab, dann folgten Diebstahl, Körperverletzungen, Gefängnis, Gewalttätigkeiten und wieder Gefängnis; dann kam der Mord. Einer Brieffreundin lieferte Unterweger eine Selbstbeschreibung: Er sei „das Ekel in Person“. Seine Bücher trugen die Titel: „Kerker“ + „Tobendes Feuer“, „Fegefeuer oder die Reise ins Zuchthaus“. Die Kulturszene wallfahrte zu diesem Wundertier ins Gefängnis und schließlich forderten siebenhundert Künstler und Dichter einschließlich Ernst Jandl und Günter Grass seine Freilassung. Unterweger war das Musterbeispiel einer gelungenen Resozialisierung. Er kam im Mai 1990 frei, hielt Lesungen, hatte Live-Auftritte im Fernsehen und die Frauen stürzten sich auf den Knastpoeten; dann liess seine Schaffenskraft nach und weil ihm die Bewunderung der Frauen nicht reichte, musste er sie unterwerfen. Dann ermordete er mindestens neun Prostituierte und wurde wieder zu lebenslanger Haft verurteilt. Dann erhängte sich Unterweger in seiner Zelle.

In Chile ist der Strafvollzug seit den Zeiten der Diktatur und auch heute noch besonders hart. Resozialisierung ist ein Fremdwort. Die Juristin und Lyrikerin Andrea Brandes hat acht Jahre lang im Hochsicherheitsgefängnis von Santiago Lyrikunterricht gegeben. Elena Witzeck stellt ihr in einem Interview die Frage: „Wie viele dieser Erfahrungen waren mit dem Erbe der Diktatur verknüpft, die vor 30 Jahren endete?“ Brandes Antwort: „Die meisten. Da gab es diesen kleinen, stämmigen, schweigenden Mann mit dem freundlichen Gesicht. Einmal meldete er sich und sagte: Ich habe ein Problem. Ich weiß nicht genau, wer ich bin. Er hatte sein ganzes Leben im Untergrund verbracht. Er war am 10. September 1973 in ein Flugzeug gestiegen, um eine Schülerreise in die sozialistischen Länder anzutreten, eine Belohnung dafür, daß sein Vater viele Jahre im Dienst des Präsidenten Salvador Allende gearbeitet hatte. Als das Flugzeug in der Luft war, putschte das Militär. Die chilenische Regierung nahm die Kinder nicht mehr zurück. Sie kamen nach Kuba zur Privatwache von Fidel Castro und bekamen mit elf Jahren eine Waffe ausgehändigt. Mit siebzehn war er Guerillakämpfer in Nicaragua. In Chile nahm man ihn schließlich fest. Er saß schon 28 Jahre ein, als ich kam, und wusste nicht, wer er war.“

Diese drei außergewöhnlichen Fälle deuten an, wie schwierig die Frage „Was ist gerecht“ zu beantworten ist. Aber niemand wird bestreiten, dass die Lebensverhältnisse, in die wir hineingeboren werden und in denen wir aufwachsen, unseren Charakter, unser Selbstvertrauen, unsere seelische Substanz, unsere Lernbereitschaft, unsere Fähigkeit zu Empathie u.v.a.m. entscheidend prägen.

Deutschland ist ein funktionierender Rechtsstaat mir einer erfolgreichen Sozialen Marktwirtschaft. Man kann darüber streiten, ob die finanzielle Unterstützung der ärmeren Bevölkerung ausreichend ist und ob die „Reichen“ stärker belastet werden sollen. Über die immer noch nicht realisierte Chancen-Gerechtigkeit kann man nicht hinwegsehen.

Wenn du in eine Familie geboren wirst, in der vom ersten Lebenstag an verbale und körperliche Gewalt (von deiner Familie und von den Medien) existiert und wo keine Herzensbildung und schon gar keine Wissensbildung gefordert wird und wenn du nicht das Glück hast, mit sechs Jahren in einem Fußballverein oder bei den Pfadfindern zu landen sondern bei „Deinesgleichen“ auf der Straße – dann wirst du eine Ausnahme sein, wenn du einen Beruf erlernen und eine Familie gründen und ein ruhiges Leben ohne ausgeprägte Aggressionen erfahren kannst. (Auch in finanziell besser gestellten Familien wächst die von den Eltern zu verantwortende Chancenungerechtigtkeit an, weil zu viele Kinder verwöhnt und nicht gefordert werden, ihre Zeit mit dem Smart-Phone und Pornos und Gewaltfilmen auf dem Sofa verbringen, keinen Beruf erlernen und bis zum Tod der Eltern von diesen ernährt werden und sich dann mit dem Erbe durchfüttern)

Die größte Ungerechtigkeit in Deutschland ist die Chancenungerechtigkeit. Aber wie kann die Politik dieses Problem lösen ? Ich hätte da ein paar Vorschläge:

  • Verpflichtende Anwesenheit in Kitas und Kindergärten, die ein vom Staat kontrolliertes „Programm“ absolvieren. Für die Kleinen sollte die Anwesenheitspflicht nicht mehr als vier Stunden pro Tag sein.
  • A l l e Schüler gehen vom 6. bis zum 16. Lebensjahr in eine einheitliche Ganztagsschule. Die Schulaufgaben werden i n der Schule bei der Anwesenheit eines Lehrers erledigt. Der Lehrer ist mitverantwortlich für die Schulnoten. Die Klassen dürfen auf keinen Fall mehr als 20 Schüler haben. Ab dem 16. Lebensjahr können die Schüler in eine Berufsausbildung gehen oder bis zum Abitur bleiben. Es gibt keinen Schwimm- und Turnunterricht, sondern viermal wöchentlich Mannschaftssport (Fußball, Basketball, Handball) mit den richtigen Pädagogen; das beinhaltet füreinander einstehen (der Starke beschützt den Schwachen) und körperliche Fitness.
  • An den Schulen wird deutlich mehr politisches und historisches Wissen vermittelt.
  • Alle Schüler werden zu einem Jahr Sozialarbeit (nicht Militär) verpflichtet; das kann in Deutschland oder in Entwicklungsländern absolviert werden.
  • Alle Medienprodukte (Filme, Serien, Spiele usw.) unterliegen strengen Kontrollen und Auflagen. Wenn wir eine mentale Degeneration mit bösen Folgen verhindern wollen, müssen hier Freiheiten beschnitten und entsprechende Gesetze mit aller Konsequenz umgesetzt werden. Das fängt bei den Fernsehsendern an, geht über Internetmedien bis hin zu den amerikanischen Hardcore-Produzenten. (Ein harmloses Beispiel: Wie kann es sein, dass kurz vor der Tagesschau ein ARD-Film beworben wird, in dem innerhalb von Sekunden mehrere Menschen mit schweren Waffen ermordet werden und das ungeschützt für jedes Alter ?)
  • Wahlberechtigt sind auch zukünftig Bürger erst ab 18 Jahren.
  • Wir brauchen in Deutschland mehrere tausend Sportplätze- und Hallen zusätzlich, damit wirklich alle Jugendlichen und Kinder und natürlich alle interessierten Erwachsenen Mannschaftssport lernen und betreiben können. Die Einstellung geeigneter Trainer muss den Vereinen durch den Staat finanziell ermöglicht werden. Der Staat spart unter dem Strich dennoch Geld, weil dadurch die sozialen Problemfälle bei Kindern und Erwachsenen drastisch zurückgehen.
  • Alle Schulen sollten einen oder mehrere Chöre zusammenstellen – das macht Spass und verbindet und ist gesund.

Es gibt sicher noch weitere gute Ideen zur Bekämpfung der Chancenungerechtigkeit. Und wer jetzt über den hohen finanziellen staatlichen Aufwand stöhnt, der sollte mal anfangen zu rechnen und die vielen Milliarden soziale Reparaturkosten gegen die Kosten für Schulen, Sportvereine etc. aufrechnen.

Und man sollte berücksichtigen, dass die Wirtschaft mehr leistungsfähige Mitarbeiter findet.


 

Die Welt ist ein Dorf

= Kritik an der Politik des Staates Israel muss möglich sein, ohne sich dem Antisemitismusvorwurf auszusetzen. Und man darf die konkrete Siedlungspolitik im Westjordanland als (neo-)kolonialistisch bezeichnen. Viele Israelis sind gegen diese Landnahme – auch weil sie befürchten, dass eines Tages Islamisten oder radikale Länder wie der Iran das den Palästinensern gestohlene Land ohne Rücksicht auf Verluste zurückerobern wollen. Das dürfte weit schlimmere Folgen haben, als die bisherigen Nahostkriege.

= Vom Eselskarren direkt zum Elektro-Auto. Die rasante Verbreitung des Smartphones könnte in Afrika zu einem Entwicklungssprung führen; der mühsame Weg über Telefonnetze und verlegte Kabel wird übersprungen, indem Sendemasten aufgestellt werden und schon ist man im letzten Winkel erreichbar. Innerhalb von zwanzig Jahren könnte es in Afrika mehr Internetnutzer geben, als in Europa und Afrika zusammen.

Immer noch besuchen viele Kinder keine Schule. In Südafrika erarbeiteten 50 Studenten ein Online-Programm, mit dem Schüler lernen können; es beginnt mit leichten Rechenaufgaben, ermittelt den Wissensstand des Nutzers und kann damit auf den Schüler individuell zugeschnittene Übungen anbieten; dabei hat die App mehr Geduld als jeder Lehrer, kann eine Frage im Zweifel tausend Mal wiederholen oder Rechenaufgaben so lange variieren, bis die Schüler ihren Sinn begriffen haben. Aber nicht nur Schüler und Studenten werden von der Digitalisierung vorangebracht, auch z.B. afrikanische Kleinbauern, für die Wetterausfälle früher den Ruin bedeutet haben, können online Wetterversicherungen abschließen. Auch die App „Hello Tractor“ erfreut sich großer Beliebtheit; Bauern geben auf ihrem Handy an, wann und wo sie eine Maschine (z.B. einen Traktor) brauchen, die Buchungen gehen in der Zentrale ein und Fahrer werden auf möglichst effektiven Routen über Land geschickt. Auch wer nicht das Geld für eine eigene Landmaschine hat, kann jetzt professionell ernten. Der Unternehmergeist der Kleinbauern wird damit geweckt. Ein kostenloser Nachrichtendienst erinnert online Schwangere an Vorsorgeuntersuchungen, gibt Tipps für den Alltag als werdende Mutter oder erklärt, wie eine HIV-Infektion des Kindes verhindert wird. (C.i.G.)

= Inmitten von Spannungen mit China hat die amerikanische Regierung einem möglichen Rüstungsdeal mit Taiwan zugestimmt; es geht um ein Aufrüstungspaket für Taiwans Patriot-Raketen im Wert von etwa 500 Millionen Euro.

= UN-Generalsekretär Guterres bezeichnet die Rohingya als das „womöglich am stärksten verfolgte Volk der Welt.“ Die Gründe für ihre Vertreibung sind vielschichtig, reduziert werden sie vor allem auf die Religion; denn als Muslime unterscheiden sie sich von der buddhistischen Mehrheitsgesellschaft Myanmars. Den Rohingya wird unterstellt, zum mehrheitlich muslimischen Nachbarland Bangladesch zu gehören. Bei der Vertreibung spielen auch wirtschaftliche Gründe eine Rolle: Myanmar gilt als ölreich. Die Rohingya sind auch wegen des Corona-Virus vom Rest des Landes komplett abgeriegelt. Sollte das Virus sich ausbreiten, weiß niemand, wie die Betreuung der Kranken sichergestellt werden kann. Es mangelt an Schutzmasken, Abstrich-Tests und Desinfektionsmitteln.

= Sansibar: Mit Seetang zur Selbstbestimmung. Ihre Felder werden regelmäßig überflutet. Ausgerechnet im warmen Salzwasser des Indischen Ozeans gedeihen die Pflanzen besonders gut. Im sandigen Wattboden vor der afrikanischen Ostküste bauen Sansibars Frauen Seetang an. Die Algen sind auf dem Weltmarkt begehrt: Sie werden für Kosmetika, Lebensmittel, Tierfutter oder Biotreibstoff gebraucht und filtern obendrein Stickstoff und Phosphor aus dem Wasser. Weil die Männer lieber mit Fischfang und Tourismus Geld verdienen, profitieren die Frauen doppelt: Früher verließen sie kaum das Haus, heute reisen sie auf Märkte und verfügen über ein eigenes Einkommen.

= Der Glaube der Hindus, man dürfe Rinder nicht töten, beruht auf der Vorstellung der Seelenwanderung. Die vorletzte Stufe ist das Rind, die letzte der Mensch. Wer Rinder tötet, muss von vorn anfangen.

 

Noch sieben mal schlafen…..

dann geht es wieder los !! Wir Fußball-Fans haben ein hartes Leben. Schon in normalen Zeiten müssen wir in der Winter- und in der Sommerpause viele Wochen lang auf unseren geliebten Fußball verzichten. Das ist immer sehr hart, bringt uns an den Rand des Burn-Outs und in die Gefahr, mehr als ein paar Gläser Rotwein zu trinken, bevor wir vor dem Fernseher mit Rosamunde-Pilcher-Filmen einschlafen. (Sollte ich mal DFB-Präsident werden, werde ich die diversen Ligen zeitlich so planen, dass es nicht eine einzige Pause gibt – außer an Heilig-Abend.)

Erschwerend kommt hinzu, dass jetzt wieder all die Journalisten aus den Löchern kriechen, die den Fußball verachten und sich intellektuell profilieren wollen. An der Spitze dieser Bewegung steht die Süddeutsche Zeitung, die folgendes absondert:

  • „Es hat daher fast schon metaphorischen Charakter, dass Berlins bester Torwächter, Rafael Gikiewicz, nun sein Glück beim FC Augsburg versucht.“
  • „ES ist gut möglich, dass Ozan Kabak sich seit dem Weggang von Galatasaray Istanbul in einem Déja-vu gefangen fühlt.“
  • „Gjasula war mit seiner Spielweise eine Reminiszenz an vergangene Hochzeiten der Raubeine.“

Ein gewisser Herr Martenstein schreibt in der Frauenversteher-Zeitung ZEIT: „Der Kollege Sportredakteur hat sich auch vom Fußball abgewandt. Es gibt wenige Überraschungen, die Favoriten scheitern zu selten. Wer will das sehen?“ Wir wollen das sehen !! Wir sind ungefähr 25 Millionen in Deutschland und etwa zwei Milliarden auf der Welt !!

Die 11Freunde-Redaktion beschreibt das so: „Es gibt viele Dinge, die wir als Fußball-Fans tun, die bei flüchtiger Betrachtung grober Unfug sind. Auswärtsfahrten am Montagabend. Bei einem Freundschaftsspiel mit überschnappender Stimme die Anhänger des gastgebenden Kreisligisten beschimpfen. Fünf Monate mit einem roten Nummernschild herumfahren, bis endlich das Wunschkennzeichen mit dem Kürzel des eigenen Vereins verfügbar ist. Im Kölner Dom eine Kerze für den Lieblingsclub anzünden. Einen Zehner auf den Klassenerhalt des HSV setzen. An einem Dienstag heiraten, weil da garantiert kein Pflichtspiel der eigenen Mannschaft dazwischen kommt. Und eben einen Club am Leben halten, der vor Jahren sein letztes Spiel bestritten hat. Man kann eben nicht anders.“

Der DFB-Präsident Fritz Keller in der FAZ a.S.: „Wenn man über wahre Liebe redet, dann können wir sagen, dass sich wahre Liebe nicht im Erfolg zeigt, sondern dann, wenn es einem nicht so gut geht. Wir haben nach dem Abstieg so viele Dauerkarten verkauft wie noch nie. Die Menschen in Freiburg sind diesen Abstieg mitgegangen.“

Wahre Liebe könnte man auch mit „Solidarität“ übersetzen. Der Kern von Solidarität ist das Gegenteil von Egoismus: Wenn es meinem Freund schlecht geht, d a n n braucht er mich und genau so ist es mit meinem Fußball-Verein ! Wenn meine Mannschaft verliert, dann muss sie noch mehr angefeuert und nicht ausgepfiffen werden. Wenn mein Verein absteigt, dann bin ich gefragt ! (Ich werde nie ein Auswärtsspiel in Stuttgart vergessen, bei dem ein Fan-Mob von etwa 3000 Leuten Sprüche skandierte wie „Wenn Ihr absteigt schlagen wir euch tot.“)

Ohne Fußball wäre die Welt trauriger und asozialer: Brasilien ist besonders stark vom Corona-Virus betroffen. Das hat etwa 100.000 Fußball-Fans aus völlig unterschiedlichen und manchmal zerstrittenen Fan-Organisationen zusammengebracht. Wunderbar !! Mit vielen kleinen und großen Spenden wurden hunderttausende Hilfspakete geschnürt, die dann von den Fans an Bedürftige verteilt wurden.